Unsere Reaktion auf den Online-Beitrag der Kreiszeitung Harpstedt

Kein Interesse? Wer hat dann die Polizei gerufen?

 

Wie wir Dienstag berichteten fand ein Abendspaziergang in Harpstedt statt. In der gedruckten Version der Kreiszeitung vom Donnerstag wurde neutral über den Spaziergang berichtet und den mündigen Lesern eingestanden selbst zu entscheiden, ob sie die in Deutschland immer mehr auftretenden Spaziergänge von unzufriedenen Bürgern (und Lesern) gut finden oder nicht. Ebenfalls am Donnerstag erschien auch ein Online-Artikel der Kreiszeitung, der inzwischen etwas überarbeitet und relativiert wurde, was unter anderem durch eine konstruktive Zusammenarbeit der Redaktion mit unserem Parteikollegen Dayne Conrad erfolgte.

 

Der Online-Artikel liest sich jedoch gänzlich anders, obwohl er nicht als Meinung gekennzeichnet ist. Wir fragen uns warum? Vorweg möchten wir aber einige Dinge anmerken, welche uns aufgefallen sind. Die Kreiszeitung schreibt online, die Spaziergänge „sind nun auch in Harpstedt angekommen, ohne dass die breite Öffentlichkeit groß Notiz von ihnen genommen hätte“. Aber ist das auch so? Besteht kein öffentliches Interesse an den immer mehr auftretenden Spaziergängen? Wenn kein öffentliches Interesse besteht, wer hat dann die Polizei gerufen? Berechnet man die Anfahrtszeit der Polizei mit ein, müsste bereits beim Marktplatz oder zumindest kurz nach dem Losgehen ausreichend Aufmerksamkeit erzeugt worden sein, damit die Polizei von einem Bürger gerufen wurde. Wenn kein öffentliches Interesse besteht, wieso fragt die Kreiszeitung dann auf Facebook nach den Meinungen der Bürger? Wenn kein öffentliches Interesse besteht, wieso gab es dann teils hitzige Diskussionen unter der Anfrage der Kreiszeitung bei Facebook?

 

Für uns zeigen diese Fragen auf, dass durchaus ein öffentliches Interesse besteht. Und zwar ein Interesse, egal welche Meinung die Menschen zu diesem Thema auch zu haben scheinen. Im Online-Artikel der Kreiszeitung wird der Vorwurf erhoben, dass sich die Spaziergänger nicht an die Abstandsregeln gehalten hätten. Als „Beweis“ wird das von uns hochgeladene Video aufgeführt. Im Video ist zu sehen, wie die Menschen mit Abstand entweder alleine oder in Zweier-/Dreiergruppen hintereinander gehen. Zu sehen sind die Menschen nur von hinten. Wie die Kreiszeitung unter diesen Bedingungen ausschließen kann, dass die Personen aus den Zweier-/Dreiergruppen nicht zum selben Haushalt gehören, erläuterte die Kreiszeitung nicht. Fehler passieren und ein Fehler muss auch jedem zugestanden werden. Glücklich ist diese Darstellung der Kreiszeitung unter den Bedingungen aber leider nicht. Zusätzlich wurde in der Kreiszeitung dargestellt, dass sich die Diskussion der Polizei mit dem filmenden Spaziergänger in Höhe der Volksbank zugetragen hätte. Tatsächlich fand diese jedoch im Redekerweg statt. Es macht inhaltlich zwar keinen Unterschied, aber wenn über die Spaziergänge berichtet wird, sollten die Geschehnisse auch richtig wiedergegeben werden. Insbesondere, wenn schon mit der Polizei über den Spaziergang gesprochen wurde.

 

Nach unseren Informationen wurden auch keine Kerzen vor der Christuskirche abgestellt, können das aber auch nicht mit Sicherheit ausschließen, da wir nicht alle Teilnehmer jederzeit und bis hinterher im Auge hatten. Wir möchten nochmals betonen, dass wir alle Menschen sind und wir alle Fehler machen. Wir finden, der Artikel gibt etwas sehr viel Meinung preis und andere Menschen mögen das vielleicht wieder anders sehen. Auch Journalisten sind Menschen und auch für Journalisten ist es nicht immer einfach, die eigene Meinung aus einem Artikel völlig auszuklammern. Es ist menschlich, aber leider erleben wir es in der heutigen Zeit immer häufiger. Aus diesem Grund möchten wir unseren Teil 2 auch nicht als Fingerzeig verstanden wissen, sondern die Chance nutzen und die folgenden Fragen zum Nachdenken stellen:

  • Wie werden Artikel zu den Spaziergängen allgemein eigentlich von den Menschen aufgenommen, welche sich von Politik und Medien nicht mehr vertreten fühlen?
  • Fördert eine grundsätzliche Kriminalisierung von Spaziergängern den Zusammenhalt der Gesellschaft oder treibt sie die Spaltung eher voran?
  • Was ist eigentlich die Motivation und warum fühlen sich zunehmend mehr Menschen nicht mehr gut von der Politik und den Medien vertreten?

 

Diese Fragen kommen in unserer Gesellschaft und in der Medienlandschaft mittlerweile viel zu kurz bis gar nicht mehr vor. Es wird Zeit, dass wir in unserer Gesellschaft wieder mehr miteinander reden, als nur übereinander. Nur so ist es möglich, die Beweggründe des jeweils anderen auch zu verstehen. Der treffendste Facebook-Kommentar wird von der Kreiszeitung wie folgt zitiert: „Diese Hetzjagd und Diffamierung Andersdenkender finde ich sehr bedenklich.